# taz.de -- Sozialist gewinnt französische Nachwahl: Haarscharf an der Blamage vorbei
       
       > Nur knapp schlägt Frédéric Barbier in Doubs seine Rivalin vom Front
       > National. Die Wahl zeigt: Konservative finden Rechtsaußen nicht mehr
       > inakzeptabel.
       
 (IMG) Bild: François Hollande und Marine Le Pen: Ihr Stellvertreterkrieg in der Provinz ging diesmal noch zu seinen Gunsten aus.
       
       PARIS taz | Mit 51,4 Prozent der Stimmen hat der Sozialist Frédéric Barbier
       in einer Stichwahl gegen die Front-National-Kandidatin Sophie Montel (48,6
       Prozent) im ostfranzösischen Departement Doubs einen Abgeordnetensitz
       erobert. Das Ergebnis ist – mit ein paar hundert Stimmen Vorsprung bei
       55.000 Wahlberechtigten – viel knapper, als es auf den ersten Blick
       aussieht. Vor allem, darin sind sich die Kommentare in den französischen
       Medien einig, ist es bedenklich. In Wirklichkeit hat die Regierungspartei
       nur haarscharf eine nachhaltige Blamage vermieden.
       
       Barbier und seinen Freunden war denn auch nicht zum Feiern zumute. Nicht
       immer sind die Gewinner einer Wahl auch die eigentlichen Sieger. Diese
       Nachwahl, die notwendig geworden war, weil der bisherige Abgeordnete für
       Doubs, Pierre Moscovici, als EU-Kommissar nach Brüssel ging, hat vor allem
       gezeigt, dass in Frankreich der Anteil der Wähler, die keine
       Berührungsängste mit der extremen Rechten mehr haben, sich langsam der
       50-Prozent-Grenze nähert.
       
       Und anders als früher kann die Linke in einem Wahlduell mit Rechtsaußen
       nicht mehr automatisch auf eine aktive oder wenigstens stillschweigende
       Schützenhilfe der bürgerlichen Mitte zählen, mit der eine klare Mehrheit
       möglich ist.
       
       Noch am Sonntag hatten viele Beobachter angenommen, die wachsende
       Wahlbeteiligung (im Vergleich zum ersten Durchgang) werde fast automatisch
       dem sozialistischen Finalisten nützen. Er lag vor einer Woche vier Prozent
       hinter der rechten Konkurrentin zurück, durfte aber auf die Unterstützung
       der übrigen ausgeschiedenen Kandidaten hoffen.
       
       Nun hat sich herausgestellt, dass die extreme Rechte ebenfalls über
       beträchtliche Reserven verfügte. Ein wesentlicher Teil der Sympathisanten
       des (aus der Stichwahl ausgeschiedenen) Kandidaten der konservativen UMP
       hatte keine Skrupel, für eine aggressiv fremdenfeindliche Partei zu
       votieren, die mit einer islamfeindlichen Stimmungsmache und der
       Instrumentalisierung der Angst vor Terrorismus in den Wahlkampf gezogen
       war.
       
       ## Geblieben sind die hässlichsten Nebentöne
       
       Peinlich ist dieser Wahlausgang darum auch für UMP-Chef Nicolas Sarkozy.
       Seine Partei hatte sich mit einer „Weder-noch“-Parole um eine eindeutige
       Entscheidung gedrückt, oder schlimmer noch, den eigenen Wählern gesagt, es
       mache nichts, wenn der FN gewinne.
       
       Diese vermeintliche Neutralität gegenüber zwei politischen Gegnern (Linke
       und FN) bedeutet eine Kapitulation vor dem rechten Parteiflügel der UMP,
       der sich ideologisch längst rechtspopulistischen Positionen angenähert hat.
       Die UMP bleibt deswegen intern gespalten. Diese lokale Nachwahl belegt,
       dass die Partei von Marine Le Pen durchaus in der Lage ist, mit Zuzug aus
       dem bürgerlich-rechten Lager – und übrigens auch mit Stimmen vieler
       enttäuschter Linkswähler – Wahlen zu gewinnen.
       
       Nur noch am Rande wird konstatiert, dass der Elan der breiten Solidarität
       der „Ich bin Charlie“-Bewegung längst verpufft ist. Die Mobilisierung von
       Millionen Menschen für die demokratischen Grundrechte der Republik war am
       11. Januar in Paris eine spontane Reaktion gegen die Barbarei des
       Terrorismus. Geblieben sind davon im fernen Departement Doubs nur die
       hässlichsten Nebentöne, welche die Rechtsextremisten jetzt erfolgreich über
       ihren Propagandalautsprecher verbreiten: die Angst, der Neid und der
       Fremdenhass.
       
       9 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
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