# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Blatter will britisches Nationalteam
       
       > Die Fifa will bei Olympia ein Fußball-„Team GB“. Das hat ökonomische
       > Gründe, denn die Marke „englische Nationalmannschaft“ ist viel zu teuer.
       
 (IMG) Bild: Für das IOC nicht finanzierbar: Die englische Fußball-Nationalmannschaft „Three Lions“
       
       Erst Wales, dann Schottland, und schon wird es wieder nichts mit einem
       Vereinten Britischen Fußballreich. Der schottische und walisische
       Fußballverband haben den Bemühungen, zu den Olympischen Spielen 2016 ein
       gemeinsames britisches Fußballteam zu entsenden, eine Abfuhr erteilt.
       
       Zugegeben, das ist eine Meldung, die nur Nichtfußballexperten verwirrt, die
       aber Menschen, die sich für den Fußball und seine Politik interessieren,
       eher kaltlässt. Es gibt bekanntlich auf der Insel den englischen, den
       schottischen, den walisischen und – von der Nachbarinsel noch – den
       nordirischen Fußballverband. Jeder ist autonom, jeder hat eine
       Nationalmannschaft, und jeder bemüht sich um WM-Teilnahmen.
       
       Gegeben hat es eine britische Fußballnationalmannschaft in den letzten
       Jahrzehnten nur ein einziges Mal: zu den Olympischen Sommerspielen 2012.
       Die fanden nämlich in London statt, und da überragte nationales Interesse
       den fußballerischen Separatismus.
       
       Könnte man meinen, stimmt aber auch nicht: Denn im „Team GB“ der Männer
       waren keine Schotten vertreten, immerhin in der Frauenelf waren zwei
       Schottinnen. Interessant an der aktuellen Meldung ist, dass sich
       ausgerechnet Mister Weltfußball himself, Sepp Blatter, eingemischt hat, und
       zwar für ein gemeinsames „Team GB“. Dabei steht doch Blatters Fifa in
       massiver Konkurrenz zum Internationalen Olympischen Komitee. Fifa und IOC
       besitzen schließlich die teuersten Waren, mit denen man auf dem
       Sportweltmarkt Geld machen kann: die Rechte an der Fußball-WM
       beziehungsweise an den Olympischen Spielen.
       
       ## Stratege Sepp Blatter
       
       Seit Jahrzehnten will das IOC, das zu seinen Olympischen Spielen auch der
       Fußball die besten Spieler der Welt entsendet. Die Fifa verweigert sich,
       weil sie ansonsten ihr Produkt, die Fifa-WM, entwerten würde. Gegen die
       Fifa-IOC-Konkurrenz muten die Auseinandersetzungen von Apple vs. Microsoft,
       von Adidas vs. Nike oder von Coca-Cola vs. Pepsi-Cola wie harmloses
       Schulhofgerangel an, also etwa wie CDU vs. SPD.
       
       Warum will nun der Blatter dafür sorgen, dass eine Auswahl mit den besten
       britischen Kickern das olympische Sommerturnier stärkt? Hat er doch nichts
       von, soll heißen: verdient er doch nichts dran. Mag sein, aber Blatter ist
       ein Stratege. Die Fifa-WM ist ein so teures Produkt, weil sich starke
       Marken aus aller Welt bei ihr einfinden.
       
       Zu diesen gehören auch die britischen Fußballverbände, in jedem Fall der
       schottische und der englische. Mit deren Aushängeschildern namens
       Nationalelf wird eine Fußball-WM wertvoller in genau dem Sinne, in dem ein
       Konzernchef wie Sepp Blatter ein Weltereignis wertvoll haben will –
       milliardenschwer nämlich. Gerade mit dem Team der englischen Football
       Association, den „Three Lions“, wird eine WM in einem ökonomischen Sinne
       erst komplett.
       
       ## Zu teuer für das IOC
       
       Es ist das Team, das – trotz vieler ausländischer Spieler und Investoren –
       immer noch das Aushängeschild der stärksten und reichsten Liga der Welt
       ist, der Premier League. Damit ist es auch das Team des Landes, das den
       derzeit profitabelsten Fußballmarkt beheimatet: Stadionvermarktung,
       Merchandising und vor allem TV-Rechte.
       
       Wenn nun ein „Team GB“ bei Olympia aufläuft, ist das eben definitiv keine
       „Three Lions“-Auswahl. Es wäre also nicht der Sieg des IOC über die Macht
       der Fifa, sondern das Gegenteil – nämlich der simple Beweis, dass sich das
       IOC die teure Marke „englische Fußballnationalmannschaft“ nicht leisten
       kann.
       
       Das kann man mit einem „Team Europa“ vergleichen. Das gibt es sporadisch,
       aber weder was die Gefühle von Fans noch was das ökonomische Potenzial
       angeht, machen diese europäische Auswahlen etwas her. Vielleicht ein
       bisschen im Golfsport, aber definitiv nicht im Fußball.
       
       12 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Krauss
       
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