# taz.de -- Werder Bremen übt Schadensbegrenzung: Stolz aufs 0:4
       
       > Die Hanseaten verlieren gegen Bayern München standesgemäß mit 0:4 und
       > schnuppern nur ganz kurz an der Überraschung.
       
 (IMG) Bild: Hätte, hätte: Hätte Thorsten Kinhöfer Boatengs Foul an Prödl zwei Minuten vorher geahndet, hätte es hier schon Gelb-Rot geben können, dann mutmaßlich beim Stande von 1:2
       
       BREMEN taz | Als Viktor Skripnik Ende Oktober vergangenen Jahres als neuer
       Cheftrainer des Tabellenletzten Werder Bremen vorgestellt wurde, hatte er
       bereits diesen 25. Spieltag vor Augen. Wenn die Bayern kommen, sollte sich
       die Mannschaft möglichst aus der Abstiegszone befreit haben, denn gegen die
       Bayern gibt es nichts zu holen, so damals die unerschütterliche Gewissheit.
       
       Die wurde durch das 0:4 am Samstag, bei dem die Bremer nur ein paar Minuten
       dagegenhalten konnten, eindrucksvoll bestätigt. Dennoch gönnten sich die
       Bremer im Vorfeld des Spiels ein paar Tage, in denen sie so taten, als wäre
       alles so wie früher, als kämen die Bayern zum Treffen der Giganten an die
       Weser. Als wäre der Ausgang dieses Spieles, anders als in den Jahren zuvor,
       als die Ergebnisse 0:6, 2:5, 0:6 und 1:7 lauteten, tatsächlich offen.
       
       ## Sticheleien im Vorfeld
       
       Bremens Sportchef Thomas Eichin ritt im Vorfeld gar eine Attacke im Stile
       seines Vorvorgängers Willi Lemke, statt kleinlaut auf Erbarmen zu hoffen.
       Eichin forderte die Schiedsrichter auf, ihren Respekt vor den Bayern
       abzulegen und wurde daraufhin von seinem Münchner Kollegen Matthias Sammer
       mit der Bemerkung abgewatscht, er habe wohl beim Eishockey „mal einen Puck
       an den Kopf bekommen“.
       
       Dann waren es aber doch die Bremer Spieler selbst, die trotz
       wiedererstarkten Selbstbewusstseins und aussichtsreicher Tabellensituation
       zu großen Respekt vor der vermeintlich besten Mannschaft der Welt zeigten.
       „Wir haben zu ängstlich und zaghaft agiert“, ärgerte sich Kapitän Clemens
       Fritz hinterher. „Ich hatte den Eindruck, wir hatten Schiss.“ Viktor
       Skripnik sagte zwar, die Mannschaft habe mutig agieren und keine „zwei
       Busse in den Strafraum stellen“ wollen. Über weite Strecken der ersten
       Halbzeit erwartete sie die Münchner aber doch mit zehn Spielern in der
       eigenen Hälfte.
       
       Mit dieser Taktik schafften sie es immerhin, dass die Bayern keines ihrer
       vier Tore aus einer ihrer zahlreichen Ball-Stafetten heraus erzielten. Die
       fielen – außer beim Freistoßtreffer durch David Alaba kurz vorm Pausenpfiff
       – immer dann, wenn die Bremer doch einmal mutig nach vorne spielten und die
       Absicherung nach hinten kurz vernachlässigten. Die Kontertore von Thomas
       Müller (24.) und Robert Lewandowski (76.,90.) spiegelten mit ihrer
       Präzision und Dynamik „die Unterschiede in der individuellen Klasse
       wieder“, wie Skripnik anerkennen musste.
       
       Und dennoch gab es eine kurze Phase in diesem Spiel – etwas zwischen der
       55. und 75. Minute – in der ein anderer Gang der Dinge vorstellbar wurde,
       in der Bremer Publikum und Spieler kurz an der Hoffnung auf eine Wende
       schnupperten. Bargfrede, Fritz, Junuzović und Co. waren plötzlich
       Sekundenbruchteile früher an Ball und Gegenspieler, gingen aggressiv in die
       Zweikämpfe, statt Katz und Maus mit sich spielen zu lassen. Die Stimmung
       wurde hitziger und mehrmals standen sich die Spieler rudelweise kampfbereit
       gegenüber. Auch nach vorne hin öffneten sich jetzt Räume für Torchancen,
       deren größte zur meistdiskutierten Szene des Spiels wurde.
       
       ## Der Schiedsrichter patzt
       
       Einen Treffer von Fin Bartels gab Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer wegen
       eines vorausgegangenen Handspiels von Sebastian Prödl nicht. Die TV-Bilder
       zeigten dagegen eindeutig, dass Prödl von Bayerns Abwehrspieler Jérôme
       Boateng elfmeterwürdig heruntergerissen wurde. „Ein Strafstoß hätte uns das
       Fünkchen Hoffnung zurückgebracht“, sagte Sebastian Prödl, nach dem man ihm
       die Szene in der Mixed Zone gezeigt hatte.
       
       „Das ist alles ,hätte, hätte‘“, wollte Viktor Skripnik von dieser
       Diskussion nichts wissen: „Das Spiel ist vorbei und abgehakt, wir schauen
       jetzt nach vorne.“ Auch sonst nutzte niemand die von Schiedsrichter
       Kinhöfer selbst eingestandene Fehlentscheidung, um die These eines
       möglichen Bayer-Bonus wieder aufzuwärmen. Dafür war der qualitative
       Unterschied zwischen beiden Mannschaften zu groß. So groß, dass Skripnik am
       Ende sogar „stolz auf dieses 0:4“ war. Es ist allerdings schwer
       vorstellbar, dass er sich insgeheim nicht doch darüber ärgert, es den
       Bayern zu leicht gemacht zu haben.
       
       15 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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