# taz.de -- Demo gegen Homophobie: Keine Angst voreinander
       
       > Gegen Homophobie protestierten am Sonntag Hunderte in Neukölln.
       > Organisiert hatte die Demo ein junger Muslim. Der Vorstand der örtlichen
       > Moschee lief ein Stück mit.
       
 (IMG) Bild: Regenbogenfahnen vor der Moschee.
       
       Diskriminierende Töne waren eigentlich nur von der Polizei zu hören. Es
       ginge jetzt durch die „türkisch-arabisch besetzte Zone“, raunzte einer der
       zahlreich in Kampfmontur vertretenen Beamten einem Kollegen zu, als die
       Demonstration gegen Homophobie und Intoleranz, die am Sonntag durch
       Neukölln zog, vom Columbiadamm in die Hermannstraße einbog.
       
       Aufgerufen zu dem Umzug hatte Nasser El-A., dessen persönliche Geschichte
       als Homophobie-Opfer kürzlich Schlagzeilen machte. Der Deutschlibanese
       sollte von seinen Eltern nach seinem Outing als Schwuler zwangsverheiratet
       werden und konnte erst an der rumänisch-bulgarischen Grenze vor einer
       Entführung in den Libanon gerettet werden. Der heute 18-Jährige zeigte
       seine Familie an. Sein Vater und ein Onkel wurden im März zu Geldstrafen
       von je 1.350 Euro verurteilt.
       
       Der Mut, sich offen und öffentlich gegen seine Familie zu stellen, die ihre
       Homophobie mit dem Islam begründet, machte Nasser in Berlins LGTB-Community
       (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) zu einem Helden. Gut 1.500
       Menschen kamen zu der von ihm organisierten Demo. „Wir sind alle Helden!“,
       rief Nasser ihnen vom Lautsprecherwagen aus zu.
       
       Es ginge nicht darum, „Minderheiten gegeneinander aufzuhetzen“, betonte ein
       anderer Demonstrationsredner. Er habe deshalb Wert darauf gelegt, den
       Demonstrationszug am Columbiadamm beginnen und an der dortigen Moschee
       vorbeiziehen zu lassen, so Nasser: „Ich wollte damit zeigen, dass Muslime
       und Homosexuelle keine Angst voreinander haben müssen.“
       
       Der Vorstand der Moscheegemeinde, Ender Cetin, stand mit Vertretern anderer
       muslimischer Organisationen am Straßenrand, als der Zug vorbeilief – und
       versuchte vergeblich, die PolizistInnen wegzuschicken, die sich vorsorglich
       vor den Muslimen aufgebaut hatten: Schutz sei „nicht nötig“, versicherte
       Cetin, der die Demo ein Stück begleitet hatte. Er setzt sich in seiner
       Gemeinde aktiv gegen Homophobie ein.
       
       Auch wenn am Ende laut Polizei ein Böller von außen in den Demozug geworfen
       worden sein soll: überwiegend reagierten die NeuköllnerInnen gelassen bis
       amüsiert auf den Umzug. „Die sehen jedenfalls besser aus als wer sonst
       Demos anführt“, so einige Jugendliche, die die Dragqueens am Demokopf mit
       Handys filmten. „Krank!“, sei das, „krank!“, versuchte dagegen ein etwa
       zehnjähriger Junge mit Hemd und Schlips seine umstehenden Freunde zu
       überzeugen. Die hörten allerdings weniger auf ihn als offenen Mundes auf
       Sprechchöre wie: „Analer Orgasmus jetzt, jetzt, jetzt!“
       
       Neukölln sei eben „voller Dynamik und verschiedener Impulse“, sagte die
       grüne Neuköllner Bezirksverordnete Mahi Christians-Roshanai, die mit
       anderen Politikern wie dem grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck,
       seiner Landtagskollegin Anja Kofbinger und dem Piraten Fabio Reinhardt zur
       Demo gekommen war: „Aber wir gehören alle zusammen wie die Glieder eine
       Kette und müssen gegen Fremdenfeindlichkeit und Homophobie zusammenstehen.“
       
       12 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alke Wierth
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Islam
 (DIR) Dialog
       
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