# taz.de -- Nachruf auf Meike Jansen: Piratenkönigin der Berliner Nacht
       
       > Die taz-Redakteurin gehörte zu jenen, die immer dort sind, wo die Dinge
       > passierten. Sie sorgte dafür, dass Neues und Aufregendes zu den Menschen
       > fand.
       
 (IMG) Bild: Meike Jansen, 1968-2015.
       
       Seit ich durch das Berliner Nachtleben treibe, ist sie immer dabei gewesen;
       ich kann nicht zählen, an wie vielen Abenden wir zusammen in einem Konzert
       oder einem Club standen und uns darüber freuten, wunderten oder empörten,
       was da auf der Bühne oder hinter dem DJ-Pult passierte. Wir ließen uns
       bewegungslos von brüllendem Gitarrenkrach betäuben oder versuchten, zu
       untanzbaren hysterischen Breakbeats zu tanzen.
       
       Wir standen, das ist jetzt vielleicht fünfzehn Jahre her, in einem winzigen
       Schuppen an der Spree und staunten über den Drive und die Kunstfertigkeit
       der Elektronikavantgarde, zusammen mit zirka dreißig anderen Leuten, das
       war bei einer der ersten Ausgaben des Club Transmediale. Wir standen, das
       ist jetzt drei Monate her, beim letzten [1][Club Transmediale] im Berghain
       und freuten uns über die Tausenden von Menschen, die sich nun gemeinsam mit
       uns an dieser komplizierten, schroffen, zukunftsweisenden Musik erfreuten,
       die uns seit so langer Zeit schon eine Herzensangelegenheit war und die nun
       endlich das Publikum gefunden hatte, das sie verdiente.
       
       Dass das so war, war auch ihr zu verdanken. Meike Jansen war von
       unermüdlicher Neugier, Begeisterungsfähigkeit und Energie. Sie war immer
       dort, wo die Dinge passierten, die neu und aufregend waren, und sie hat
       unermüdlich dafür gesorgt, dass das Neue und Aufregende auch zu den
       Menschen fand.
       
       Sie hat in der taz darüber geschrieben und auf den von ihr betreuten
       Veranstaltungsseiten die musikalischen und künstlerischen Szenen der Stadt
       so vielfältig und bunt abgebildet wie wohl niemand sonst. Sie hat aber auch
       dabei geholfen, dass diese Buntheit und Vielfältigkeit blieb und sich
       wandelte und wuchs, als Kuratorin, Veranstalterin, Kommunikatorin.
       Unermüdlich brachte sie Leute miteinander ins Gespräch, führte Musiker mit
       Künstlern zusammen und Galeristen mit Clubbetreibern; sie sorgte dafür,
       dass die Szene immer wieder an neue Orte gelangte, zu anderen Leuten.
       
       ## Güte und Grimmigkeit
       
       Als ein paar Künstler und Konzertveranstalter am Kottbusser Tor das
       [2][Westgermany] schufen, half sie beim Organisieren und Kuratieren und
       stand auch noch nächtelang hinter dem Tresen; [3][beim Club Transmediale]
       sorgte sie für die Logistik und saß oft auch an der Gästeliste, mit einer
       sonderbaren Mischung aus Güte und Grimmigkeit, für die allein ich sie
       unendlich liebte.
       
       Als mein Sohn getauft wurde, organisierte sie mit ein paar anderen
       Nachtlebenmenschen eine Schatzkistenjagd an einem sonnenüberfluteten See,
       ein bizarres, aber auch glücklich machendes Bild, eine sehr gute
       Piratenkönigin war sie nämlich auch.
       
       Aber das ist eine andere Geschichte. Oder auch nicht: Wenn ich mit Meike
       zusammen durch das Berliner Nachtleben trieb, hatte ich das Gefühl, dass
       wir alle, die wir uns hier und schon seit so viel Jahren zu sonderbaren
       Zeiten an sonderbaren Orten verlieren, bei all unseren Marotten und
       Schrullen und bei all den sonderbaren Kämpfen, die wir manchmal
       gegeneinander ausfechten, vielleicht doch so etwas wie eine Familie sind.
       
       Am Samstag ist Meike Jansen mit nur 47 Jahren gestorben.
       
       Jens Balzer ist Popredakteur bei der Berliner Zeitung und gehört zu den
       Nachtlebenmenschen, die sich mit ihr an komplizierter Musik erfreuten.
       
       13 Apr 2015
       
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