# taz.de -- Pep Guardiola und Barcelona: Duell der Obsessionen
       
       > In Barcelona bastelt man vor der Rückkehr von Ex-Trainer Guardiola an
       > dessen Mythos. Dabei gehen seine einstigen Spieler auf Distanz zu ihm.
       
 (IMG) Bild: Ein supersupersupersuper Trainer: Pep Guardiola
       
       BARCELONA taz | Lionel Messi trägt ein gelbes Klub-T-Shirt, das sein neues
       Tattoo am rechten Unterarm freilegt: eine Blume und eine Uhr, rot und
       schwarz, irgendwie orientalisch – das Übliche. Weniger normal ist, dass er
       hier auftaucht, in der Sportstadt des FC Barcelona, zur offiziellen
       Pressekonferenz vor dem Champions-League-Halbfinale gegen den FC Bayern.
       
       Es ist das erste Mal seit fast zwei Jahren, dass der Argentinier so einen
       Termin wahrnimmt, und es ist wohl als Akt der Gegenpropaganda zu verstehen,
       dass der Klub ihn an diesem Tag vorschickt. Damit die Welt auch über etwas
       anderes redet als über Pep Guardiola, der, ob man will oder nicht, nun
       einmal den FC Bayern trainiert.
       
       Wobei es natürlich auch an diesem Mittag viele Fragen zu Guardiola gibt.
       Messi pariert sie souverän, er blickt die Fragesteller an, manchmal lächelt
       er. Seine Scheu von früher hat er etwas abgelegt, er wird bald zum zweiten
       Mal Vater, und auch auf dem Platz läuft es wieder glänzend vor seiner 100.
       Champions-League-Partie. „Wir haben wichtige Dinge zusammen erlebt“, sagt
       er also über Guardiola, oder: „Logisch, dass ihn die Zuschauer feiern
       werden bei allem, was er für den Klub bedeutet.“ Oder: „Unter ihm habe ich
       mich weiterentwickelt.“ Aber auf die Frage, ob er seit dessen Weggang 2012
       noch Kontakt mit Guardiola pflege, sagt er: „Die Wahrheit ist: nein.“
       
       Es ist eine seltsame Begebenheit in der Welt des Fußballs, in der sonst
       fast alle Kumpels sind, zumal wenn sie so lange zusammengearbeitet haben.
       Wenn sie zusammen 14 Titel in vier Jahren gewonnen haben, wenn der eine,
       Guardiola, den anderen, Messi, zu voller Entfaltung brachte und wenn er ihn
       bis heute so bewundert, dass er sagt: „Ich habe ihn genossen, jetzt muss
       ich ihn erleiden.“
       
       Wie ein Wahnsinniger arbeite er seit Tagen an einem Anti-Messi-Plan, an
       dieser besonderen Pep-Idee, berichten die spanischen Medien, die fleißig am
       Mythos Guardiola stricken vor diesem besonderen Duell der Obsessionen: der
       von Guardiola mit Messi, der von Barcelona mit Guardiola – und der eines
       Wiedersehens, das viel schwieriger ist, als man denken mag.
       
       ## Privatleben ausspioniert?
       
       Mehr als die halbe Mannschaft ist noch dabei aus den glorreichen
       Pep-Jahren: Gérard Piqué, Dani Alves, Javier Mascherano, Sergio Busquets,
       Andrés Iniesta und Messi allein in der Startformation. Es ist kein großes
       Geheimnis, dass manchen der Personenkult um Guardiola mit der Zeit ebenso
       auf die Nerven ging wie die These, dass Barça ohne ihn nur die Hälfte wert
       sei.
       
       Im Sommer 2013, Guardiola hatte nach seinem New Yorker Sabbatical gerade in
       München angefangen, trafen sich beide Mannschaften beim Audi-Cup. Das 2:0
       der Bayern überraschte die Beobachter weniger als die Begleitumstände.
       Guardiolas Begegnungen mit seinen Exspielern wirkten angespannt. Messi und
       Guardiola würdigten sich nicht mal eines Blickes.
       
       Es gibt Anekdoten aus den letzten Monaten der Guardiola-Zeit, die einiges
       erklären. Nach einer titelentscheidenden Heimniederlage gegen Real Madrid
       etwa beschimpfte Messi den Trainer in der Kabine wüst für seine
       Aufstellung, weil er mit Piqué und Cesc Fàbregas zwei Stars und
       Messi-Kumpels auf der Bank gelassen hatte. Doch das Ungewöhnliche an der
       Entfremdung zwischen Trainer und Spielern scheint, dass die Zeit eher neue
       Wunden aufriss, als dass sie welche geheilt hätte. So sollen etliche
       Spieler im Nachhinein erfahren haben, dass der stets misstrauische
       Guardiola angeblich ihr Privatleben ausspionieren ließ oder sein
       allgegenwärtiger Berater Manel Estiarte sie in Gesprächen bei befreundeten
       Journalisten anschwärzte.
       
       Nichts jedoch belastete das Verhältnis wohl so wie das Ur-Schisma des
       Erfolgsduos, der Krach zwischen Guardiola und seinem jahrelangen
       Assistenten Tito Vilanova. Guardiola konnte ihm nicht verzeihen, dass er
       das Angebot annahm, ihm nachzufolgen, und unterstellte ihm sowie dem
       damaligen Sportdirektor Andoni Zubizarreta, sie hätten die Thronfolge schon
       vor seinem Rücktritt beschlossen. Die alte Freundschaft mit Zubizarreta ist
       seitdem dahin; und die noch ältere zu Vilanova war es auch. Als sich der
       krebskranke Trainer zur Tumorbehandlung wochenlang in New York aufhielt,
       erhielt er von dem Urlauber Guardiola keinen Besuch. Im vorigen April starb
       Vilanova. Seine Witwe bat Guardiola, nicht zur Beerdigung zu erscheinen.
       
       Messi hingegen besuchte Vilanova wenige Tage vor dem Tod und gab ihm das
       Versprechen, Barça nie zu verlassen. Während der kurzen Amtszeit seines
       ehemaligen Jugendtrainers führte der vierfache Weltfußballer das Team zur
       souveränsten Meisterschaft der Klubgeschichte. Bevor Messi sich verletzte
       und ein deprimiertes Barcelona in der Champions League von den Bayern
       gedemütigt wurde, vermittelten die Spieler eine Ahnung, wie motiviert sie
       sein können, wenn es gilt, den Mythos Guardiola zu besiegen. Heute haben
       sie dazu die direkte Gelegenheit.
       
       6 May 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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