# taz.de -- Die Saison des FC Bayern München: Die Entdeckung der Gleichgültigkeit
       
       > Der FC Bayern sichert diversen Onlineredakteuren Lohn und Wurstbrot.
       > Ansonsten bleibt nur, eine Adorno-Kurve zu gründen. Bekenntnis eines
       > Fans.
       
 (IMG) Bild: Fußball, hmm, ja, schön
       
       Ach ja. Hm. Schön. Tatsächlich?
       
       „Stimmt, heut' spiel'n die Bayern. Keine Ahnung, ob die 'ne Chance haben.
       Meinetwegen soll er den Götze rauslassen oder gleich verkaufen. Und der
       Hoeneß ist im Stadion?“
       
       Ich saß vor meiner Stammkneipe, wie immer eisenhart vorsätzlich ohne Handy,
       hob den Kopf und guckte den drei Mauerseglern zu, die über den prächtigen,
       von einem kürzlich niedergegangenen Mairegen benetzten Baumkronen
       dahinschossen.
       
       In meinem Hinterhof brütet ein Paar hinter einer Traufe. Das kann es
       natürlich – oder um mit Thomas Bernhard zu klagen – naturgemäß nicht
       rausreißen. Die heimische Population der tränenrührend geselligen und
       verspielten Naturkünstler schrumpft unaufhaltsam, die jährliche Zählung des
       Naturschutzbundes [1][(„Stunde der Gartenvögel“)] hat es vor wenigen Tagen
       manuelneuerlich bestätigt.
       
       Drei Mauersegler. Mehr sind es heuer nicht. Es ist eine Schande, ein
       Zeugnis dessen, was aus der Welt in den Händen der Menschen wird.
       
       Mein Lieblingsprofessor, Werner, ein Physiker, war geruhsamen Schrittes
       eingetrudelt, wie gewöhnlich kurz vor dem Anpfiff. „Hoffentlich verliert
       der Scheißverein“, hatte ich dann gesagt. Ich, seit etlichen Dekaden
       Anhänger des FC Bayern, mit dem Herzen Fan, „Edelfan“ (taz-Chefredakteur
       Andreas Rüttenauer). Oder Jodelfan. Oder Odelfan. Auch recht.
       
       ## „Fußball. Wie herrlich“
       
       Werner, ein fürwahr im besten Sinne sanftmütiger Mensch, steht stets an
       meiner Seite, wenn es die gründlich verachteten Tugenden der Vernunft und
       der Gottlosigkeit zu verteidigen gilt, gegenüber den allenthalben
       herumschwallenden Religionsdeppen.
       
       Dann kommt mein zweiter Lieblingsprofessor, Dirk, er arbeitet am Institut
       für Sozialforschung. Seine Gattin, meine Lieblingsprofessorin Katrin, zeigt
       mir strahlend ein Buch über Vögel, mit einem Chip, der beim Umblättern die
       Stimmen all der lieben Kameraden ertönen läßt.
       
       „Fußball. Wie herrlich“, sagt Dirk. Ich frage einen Kollegen von ihm, der
       ab und an dieses Etablissement beehrt und ein äußerst schlauer Bursche ist,
       wie die Vögel heißen, die auf dem Buchcover abgebildet sind. Er kennt
       keinen einzigen, nicht einmal die Amsel.
       
       Ich hab' das alles lange genug mitgemacht, das mit dem Fußball. Vermutlich
       war es ein zäher Abnutzungs- und Zermürbungsprozess, der mit der ekelhaften
       WM 2006 begann, mit dem dummen und würdelosen und sprachzertrümmernden
       Klinsmann und seinem Reformgegeifer und dem perversen Nationalgewichse all
       der Tölpel und Schafe allüberall. Nicht mal mein Freund Stefan Gärtner,
       dito Marxist und ein Roter, vermag mich mehr aus der Reserve zu locken.
       
       Haben die Bayern eine beschissene Saison gespielt? Eine gute? Es ist mir
       gleichgültig. „Gleichgültigkeit“ darf man als brauchbares Wort ansehen. Aus
       ihm spricht eine gelassene Haltung, die der gleichen Gültigkeit.
       
       ## Gleiche Gültigkeit
       
       Eine Haltung der gleichen Gültigkeit? Nebbich.
       
       Den Rest hat mir Guardiola gegeben – beziehungsweise das nicht endende
       parareligiöse Theater, das die Gammelpresse rund um diesen Neuerer, dieses
       Genie, diesen Erlöser, diese Niete veranstaltet. Meine Güte, o jo. Na,
       immerhin: Der FC Bayern sichert circa sechs Spiegel-Online-Redakteuren Lohn
       und Wurstbrot, und ein Schwerasozialer kümmert sich an der Isar um den
       sportlichen Nachwuchs, auf dass die nächste Saison noch besser oder noch
       beschissener verlaufe.
       
       Soll so weitergehen.
       
       Wir haben in unserer Kneipe unter der Hand eine Adorno-Kurve gegründet.
       Unser Wappentier ist der Gelbspötter, der Punk unter den Rohrsängern. Und
       Benno Möhlmann bleibe bitte beim FSV.
       
       13 May 2015
       
       ## LINKS
       
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