# taz.de -- Eine taz Bekanntschaft: Liebe zwischen den Zeitungsseiten
       
       > Marlis K. und Max S. lernten sich bei der taz kennen. Inzwischen sind sie
       > ein Paar. 
       
 (IMG) Bild: Alles begann mit einem Glas Rotwein am Abend des taz.labs
       
       Das ist kein guter Anfang für eine Liebesgeschichte. Ein grauer
       Herbstmorgen an der Spree, der Regen klatscht ins Gesicht und das Café
       Auster im Haus der Kulturen der Welt in Berlin-Tiergarten hat immer noch
       geschlossen. 
       
       Dabei hatte alles so schön begonnen, hier auf dem [1][taz.lab] im
       vergangenen April, als Max S. seine Liebste Marlis K. das erste Mal traf.
       Bei einer Weinprobe auf der Dachterrasse, bei der die lab-Besucher Rot- und
       Weißweine verkosten durften, gesellte er, der Baden-Württemberger mit den
       markanten eckigen Brillengläsern, sich an den Stehtisch zu den drei Damen.
       Eine von ihnen war Marlis. „Mit jedem Schluck wurde die Runde netter”, sagt
       Max und lächelt. Und er immer offener. Denn dass der Fremde ein Mann war,
       „mit dem man reden konnte”, gefiel der gebürtigen Charlottenburgerin. 
       
       Jetzt, da sich Marlis und Max an ihre Begegnung im Frühling zurückerinnern,
       sprühen Funken über das windige Dach des Hauses der Kulturen der Welt.
       Immer wieder wirft sich das Paar verliebte Blicke zu, schaut verlegen und
       stolz zugleich. Zum diesjährigen taz.lab – sein erstes – war Max extra aus
       Sersheim bei Stuttgart angereist. Was ihm gleich auffiel, war die gute
       Stimmung und die Offenheit unter den Genossen. „Schon an der Garderobe
       wurde ich freundlich angesprochen ”, erinnert er sich. 
       
       ## Max hatte Glück, Marlis meldete sich
       
       Nachdem er einige Veranstaltungen, wie das dokumentarische Theaterprojekt
       „Die Asyl-Dialoge” und eine Diskussion über Italiens koloniale
       Vergangenheit besucht hatte, fühlte er sich „so inspiriert und
       euphorisiert”, dass er der Genossenschaft beitrat. Dabei hatte er das Beste
       noch vor sich. Der Abend auf der Dachterrasse war angenehm. Und doch machte
       Max sich nach ein paar Gläsern Wein ziemlich schnell aus dem Staub. Die
       nette Begegnung war ihm nicht ganz geheuer, ihre Visitenkarten tauschten
       sie dennoch aus. Schon am nächsten Tag, Max sah sich vor seiner Abreise den
       Reichstag und das Naturkundemuseum an, habe er gehofft, dass sie sich
       melden würde. 
       
       Er hatte Glück. Die 56-Jährige schrieb ihm eine E-Mail, er rief an, so ging
       das ein Weilchen. Anfang Mai verabredeten sie sich zum ersten Date, zur
       Genossenschaftsversammlung im September wollten sie sich wiedersehen.
       Inzwischen verbringt Max viel Zeit in Berlin. An den gemeinsamen
       Wochenenden zeigt sie, die Architektin, die in einer Sozialbausiedlung in
       Charlottenburg-Nord aufgewachsen ist und heute Mietwohnungsbauten plant,
       ihm die Stadt und ihren Kiez in Neukölln. 
       
       ## Er der Öko, sie die Hausbesetzerin
       
       Seit 1983 wohnt Marlis hier. Gern erinnert sich die zierliche Frau mit den
       rotblonden Haaren an ihr Leben in Westberlin. An die Hausbesetzerdemos, von
       denen sie immer rechtzeitig verschwand, bevor der „Krach mit den Bullen”
       losging oder an die Ostberliner Verwandtschaft, mit der man Kaffeepäckchen
       gegen Orwo-Filme tauschte. „Orwo-Filme?” fragt Max, der interessiert
       zugehört hat. Der 57-jährige verwitwete Schwabe stammt aus einer alten
       Sozi-Familie mit acht Geschwistern, in der er – nach dem frühen Tod des
       Vaters – schnell erwachsen werden musste. 
       
       „Ich war der mit der Schlaghose und den Clogs, der versuchte, sich für die
       Armen und Schwachen in der Klasse einzusetzen”, sagt er. Schon als Teenager
       habe er sich für Erwachsenenthemen interessiert und regelmäßig Nachrichten
       geschaut. Heute führt der Grafiker und gelernte Schriftsetzer zusammen mit
       einem Partner eine eigene Agentur mit sechs Angestellten, spielt Bass und
       singt in der „erfolglosen aber ambitionierten” Coverband „Sticky-Fingers”.
       Seine drei Töchter sind erwachsen und leben in Deutschland verstreut. „Die
       taz ist auch ein Teil unserer Beziehung”, sagt Max. Diese beginnt meist
       schon am Frühstückstisch, wenn er sich in die Wochenendausgabe versenkt. 
       
       Eine Angewohnheit, die Marlis eigentlich nie ertragen konnte, aber bei der
       taz macht sie eine Ausnahme. Oft reden die beiden über Artikel, die sie
       gelesen haben, so wie über die Reportage über die [2][jungen Mütter, die
       ihre Mutterschaft bedauerten]. „Diese Sichtweise der Frauen ist mir gar
       nicht bewusst gewesen”, sagt Max. Sehr bewegt habe ihn der Artikel. Mit der
       taz verbinde sie die kritische Haltung zum Tagesgeschehen und der Respekt
       gegenüber dem Einzelnen, sagt Marlis. „Es ist die Art und Weise, auf die
       Welt zu gucken”. Auch über das neue taz-Verlagsgebäude tauschen sich die
       beiden aus. Während Marlis hin und wieder an der Baustelle am Besselpark
       vorbeischaut, beobachtet er das Baugeschehen auf der [3][Webkamera] von
       Sersheim aus. 
       
       [4][Julia Boek], ist Chefin vom Dienst im Berlin-Ressort der taz
       
       14 Nov 2016
       
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