# taz.de -- Europa, die USA und der Freihandel: Ziemlich fremde Freunde
       
       > Warum lässt TTIP die Massen protestieren? Vielleicht, weil der
       > transatlantische Distanzabbau etwas anderes braucht als ein
       > Wirtschaftsabkommen?
       
       Sind die USA Fremde oder Freunde? Schwer zu sagen. Die Auffassungen gehen
       erheblich auseinander. Den einen gelten die USA als Mutterland von
       Raubtierkapitalismus und Kulturimperialismus, den anderen als Land der
       Befreier vom Nationalsozialismus und der unbegrenzten Freiheiten. Nach der
       NSA-Affäre scheint die Distanz zwischen dem alten und dem neuen Kontinent
       zugenommen zu haben. Oder ist die transatlantische Partnerschaft Teil der
       europäischen Identität, der so etwas nichts ausmacht, wie viele
       PolitikerInnen gern glauben machen? 
       
       „Fremde Freunde“ – das trifft die Beziehung wohl am besten. Wie schwierig
       das Verhältnis ist, zeigt die Auseinandersetzung über das geplante
       Freihandelsabkommen „[1][Transatlantic Trade and Investment Partnership]“
       (TTIP) zwischen der Europäischen Union und den USA. Die Regierungen der
       beiden Blöcke wollen zumindest im Bereich der Wirtschaft trennende
       Barrieren abbauen. 
       
       Seit 2013 verhandeln sie über einen gemeinsamen Wirtschaftsraum – das wäre
       mit 800 Millionen VerbraucherInnen der größte der Welt. Von Hawaii bis
       Litauen sollen dieselben Regeln und Standards gelten und Unternehmen die
       gleichen Marktbedingungen haben. „Weniger Zölle und Handelsbarrieren
       verbessern die Exportchancen und schaffen Umsatz und Arbeitsplätze auf
       beiden Seiten des Atlantiks“, sagt Matthias Machnig (SPD), [2][
       Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium]. 
       
       Das glauben Millionen Menschen vor allem diesseits des Atlantiks nicht. Sie
       sehen in TTIP keinen Pakt unter Freunden, sondern eine Art feindliche
       Übernahme. Sie wollen nicht die vermeintlich schlechteren
       Verbraucherstandards der USA, die dort übliche Gentechnik und die Vorfahrt
       für den freien Markt. „TTIP nützt nur den großen Konzernen“, sagt „Stop
       TTIP“-Aktivistin [3][Maritta Strasser] von [4][Campact]. 
       
       ## Angst und Misstrauen
       
       Die GegnerInnen misstrauen dem geplanten Pakt, weil sie auch den USA
       misstrauen, die bis heute nicht veröffentlicht haben, was sie in den
       Verhandlungen überhaupt erreichen wollen. Sie fürchten nichts weniger als
       die Aushöhlung von Rechtsstaat und Demokratie, denn der geplante Pakt soll
       tief in politische Entscheidungsprozesse eingreifen. Ist das
       gerechtfertigt? 
       
       Auf jeden Fall mobilisiert diese Angst die Massen: Ob ÄrztInnen,
       BuchhändlerInnen, GewerkschafterInnen oder KommunalpolitikerInnen aller
       möglichen Parteien – landauf, landab versammeln sich Menschen, um über das
       geplante Abkommen zu diskutieren und Widerstand dagegen zu organisieren. Im
       Oktober demonstrierten in Berlin mehr als 200.000 Menschen für einen
       Verhandlungsstopp, mehr als 3 Millionen haben die Initiative der
       [5][Europäischen Bürgerinitiative gegen TTIP] unterschrieben. 
       
       BefürworterInnen unterstellen den TTIP-GegnerInnen anti-amerikanische
       Reflexe, weil sie auf schlechte US-Standards verweisen. Doch die
       FreihandelskritikerInnen bestreiten das und betonen ihre enge
       Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten aus den USA. Es ist eine neue
       transatlantische Freundschaft, die durch den gemeinsamen Protest entsteht. 
       
       Die alte und neue erhoffte Nähe der fremden Freunde ist Thema beim taz.lab.
       Ist die „Stop TTIP“ Bewegung in Deutschland antiamerikanisch? Was will die
       europäische Wirtschaft in Übersee? Und wäre es nicht viel einfacher, wenn
       alles bliebe, wie es ist? Oder braucht der europäisch-amerikanische
       Distanzabbau etwas anderes als ein Wirtschaftsabkommen? Darüber diskutieren
       auf dem taz.lab Matthias Machnig (SPD) und „Stop TTIP“-Aktivistin Maritta
       Strasser von Campact. 
       
       [6][ANJA KRÜGER] ist Wirtschaftsredakteurin der taz
       
       23 Feb 2016
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!t5007773/
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 (DIR) [3] http://www.maritta-strasser.de/
 (DIR) [4] http://https://www.campact.de/
 (DIR) [5] http://stop-ttip.org/de/
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       ## AUTOREN
       
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