# taz.de -- Idee der Piraten: Berlin brüskiert Daimler
       
       > Die Straße an der neuen Vertriebszentrale wird nach Edith Kiss benannt,
       > die als Zwangsarbeiterin für den Konzern arbeiten musste.
       
 (IMG) Bild: So soll die Mercedes-Benz-Vertriebszentrale aussehen, wenn sie fertig ist
       
       Direkt an der Spree im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg entsteht
       gerade die neue bundesweite [1][Vertriebszentrale von Mercedes-Benz]. 1.200
       Mitarbeiter sollen in dem 13-stöckigen Bürogebäude in Nähe des Ostbahnhofes
       arbeiten, im Erdgeschoss bleibt auch noch Platz für einen Showroom mit den
       neuesten Modellen. Der Konzern wünschte sich eine repräsentative Adresse
       und hatte gleich zwei Vorschläge, nach welchen Personen die Straße benannt
       werden könnte: [2][Bertha Benz], Ehefrau des Unternehmensgründers Carl
       Benz, und Baronin [3][Mercédès Jellinek], Namenspatronin der Automarke.
       
       Doch für die Grünen, die im Bezirksparlament von Friedrichshain-Kreuzberg
       die größte Fraktion sind und auch den Bürgermeister stellen, kam das nicht
       in Frage. "Die können ja gerne hier ihre Zentrale bauen, aber wir sehen
       unsere Aufgabe nicht darin, Öffentlichkeitsarbeit für die zu machen", meint
       die Grünen-Fraktionsvorsitzende [4][Paula Riester.] 
       
       Bei der Tagung der Kommission, im Bezirk über Straßenumbenennungen berät,
       konnte sich der Vertreter von Daimler nicht durchsetzen. Stattdessen kam
       zuerst der Vorschlag auf, die Straße nach [5][MerckE:Ernes Merck] zu
       benennen, die in den 1920er Jahren in Mercedes-Autos Rennen fuhr. Doch das
       lehnte Daimler ab. Im Protokoll der Sitzung heißt es: "Dieser Vorschlag
       fand aber nicht die Zustimmung von Herrn Felgenhauer / Daimler Real Estate
       GmbH, da dieser Namen sich heute nur schwer erschließe."
       
       Die Piraten brachten dann einen vierten Namen ins Spiel. Erneut der Name
       einer Frau, da der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sich vorgenommen hat,
       Straßen nur noch nach Frauen zu benennen, bis Parität zwischen
       Frauenstraßen und Männerstraßen hergestellt ist. Und dieser vierte Name
       lautete: Edith Kiss.
       
       Die Bildhauerin aus Budapest wurde 1944 wegen ihres jüdischen Glaubens im
       Alter von 39 Jahren von den Nazis ins Konzentrationslager Ravensbrück
       deportiert. Im Daimler-Benz-Werk in Ludwigsfelde südlich von Berlin musste
       Kiss sie unter unmenschlichen Bedingungen Flugzeugmotoren montieren, so wie
       mehr als 1.000 Zwangsarbeiterinnen.
       
       Beim "Arbeitskreis Konfrontationen" [6][heißt es]: "Edith Kiss sprach nie
       über ihre Erlebnisse im KZ und versuchte, mit ihrer Kunst die Erinnerungen
       zu verarbeiten. Innerhalb weniger Wochen entstanden die 30 Gouachen des
       Albums 'Deportationen'." Auch ihre späteren Bilder spiegelten häufig die
       Leiden der Deportation wieder. 1966 beging sie Selbstmord.
       
       Am Mittwochabend stimmte das Bezirksparlament für die Umbenennung der
       Straße nach Edith Kiss. Neben den Piraten stimmten auch Grüne, SPD und
       Linke für den Vorschlag, wie der Piraten-Parlamentarier Ralf Gerlich
       anschließend [7][twitterte]. Nur die CDU sei dagegen gewesen - die gehört
       in Friedrichshain-Kreuzberg allerdings zu den Kleinparteien, bei der
       letzten Wahl erhielt sie nur 7,9 Prozent.
       
       "Wir finden es gut, an die Geschichte der Zwangsarbeiter zu erinnern und
       Daimler mit den dunklen Seiten seiner Geschichte zu konfrontieren", sagt
       Jessica Zinn von der Piratenfraktion. Bertha Benz sei schon deshalb nicht
       in Frage gekommen, weil die zunächst eine Anhängerin des
       Nationalsozialismus war und mit Hitler persönlich korrespondierte. Zinn:
       "Wir fanden es empörend, dass Daimler uns so einen Vorschlag vorgebracht
       hat."
       
       Jetzt, nachdem die Entscheidung gegen die Namensvorschläge von
       Mercedes-Benz endgültig ist, versucht der Konzern, gute Miene zu machen:
       "Es ist wichtig und richtig, der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken.
       Daher unterstützen wir auch die Entscheidung der
       Bezirksverordnetenversammlung", heißt es in einer Stellungnahme des
       Unternehmens.
       
       Weiterführende Informationen 
       
       [8][Protokoll] (PDF) der Sitzung der Kommission, in der der
       Daimler-Vertreter sich für die Umbenennung der Straße nach Bertha Benz oder
       Mercédès Jellinek eingesetzt hat (Tagesordnungspunkt 5).
       
       [9][Stellungnahme] (PDF) von Daimler, nachdem der Bezirk sich stattdessen
       für Edith Kiss entschieden hat.
       
       21 Dec 2012
       
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 (DIR) Sebastian Heiser
       
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