Predigt zum 19. Sonntag, 07.08.2011, über Matthaeus 14,22-33 Liebe Schwestern und Brueder, immer wieder neu machen wir die Erfahrung, dass unser Glaube an Jesus und an Gott kein fester Besitz ist. Unser Glaube ist ein angefochtener Glaube und bricht immer wieder mal zusammen, weil Enttaeuschungen, Kraenkungen, Unrecht und Ungluecksfaelle uns zeigen, dass wieder einmal das Boese in der Welt die Oberhand gewonnen hat und nicht Gott und das Gute. Unser Glaube braucht daher immer wieder Staerkung durch andere Menschen und auch durch Gott selbst, damit er nicht erlischt. Deshalb kommen wir ja auch an jedem Sonntag zum Gottesdienst zusammen. Schon den Kindern erzaehlen wir Maerchen, in denen Boese und Gute miteinander kaempfen und am Ende die Guten siegen. Der boese Wolf verschlingt die 7 Geisslein bis auf eines, dass der Mutter hilft, die anderen zu retten. Auch viele Romane und Filme erzaehlen erfundene und auch wahre Geschichten vom Kampf der boesen und guten Menschen und Maechte. Immer wieder werden neue erfundene und wahre Geschichten erzaehlt, um unseren Glauben zu staerken, dass am Ende das Gute siegen wird. Schaut euch einmal die Filme ueber Mahatma Gandhi, Martin Luther King oder Mutter Teresa an, die in ganz hervorragender Weise zeigen, dass wir Menschen nicht machtlos sind im Kampf gegen das Boese, wenn wir die Worte Jesu ernst nehmen und auf seine Hilfe vertrauen. Aber wie ist es nun wirklich mit dem Guten und Boesen in der Geschichte der Menschheit und in unserer eigenen Geschichte? Gibt es nur einen staendigen Wechsel? Mal siegt das Gute und die Guten, mal siegt das Boese und die Boesen. Gibt es auch eine gute Entwicklung und am Ende den Sieg Gottes und des Guten? In der Geschichte gerade der christlich gewordenen Voelker in Europa scheint es doch eine positive Entwicklung zu geben, wenn wir das Roemische Imperium mit dem heutigen Europa vergleichen. Und auch unser eigenes Volk hat doch von den Germanen bis heute eine enorme Entwicklung vollzogen. Und um an Mauer und Stacheldraht zu erinnern, die in Berlin und in Deutschland vor 50 Jahren errichtet wurden: Haben wir den sogenannten kalten Krieg hier in Deutschland nicht friedlich beenden koennen? Fuer alle diese positiven Entwicklungen koennen wir Gott dankbar sein; denn es war Jesus Christus, der durch seine Predigt, sein Leben, Sterben und Auferstehen diese Entwicklung angestoszen hat, und es war sein Heiliger Geist, der in seinen glaeubigen Nachfolgern gewirkt hat, die in den Jahrhunderten danach die Welt zum Besseren veraendert haben. Immer wieder haben wir das Eingreifen Gottes in die Geschichte erlebt. Aber sind bei allem die Menschen wirklich bessere Menschen geworden? Hoeren und sehen wir nicht genug Berichte, die uns zeigen, dass der Friede in der Welt und in unserem eigenen Volk bedroht ist? Jesus selbst wie auch das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung des Johannes, lassen keinen Zweifel daran, dass am Ende der Welt die Mehrheit der Menschen gottlos sein wird. Und dass Jesus erst dann wiederkommen wird, um die, die noch an ihn glauben, zu retten und in seine Herrlichkeit und das neue Reich Gottes hineinzuholen. Das ist auch ein Anliegen des Evangeliums des Matthaeus: Es endet ja damit, dass Jesus sagt: "Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden." und: "Seht, ich bin bei Euch alle Tage bis zum Ende der Welt." Jesus sagt nicht: "Es wird alles besser werden." Sondern: "Ich bin bei Euch!" Im heutigen Evangelium betont Matthaeus gerade dieses "Ich bin bei Euch!" in anderen Worten. Ein paar Stunden vorher hatten die Juenger noch die maechtige Gegenwart Jesu in der wunderbaren Brotvermehrung erlebt und nun erleben sie finstere Nacht und muessen sich mit ihrem kleinen Boot durch Wellen und Gegenwind hindurchkaempfen. Wahrscheinlich sind sie am Ende ihrer Kraefte und haben fast allen Mut verloren, dass sie noch das rettende Ufer erreichen. Als die Nacht schon weit fortgeschritten und die Hoffnung schon fast gestorben ist, da endlich erscheint Jesus. Er hat sich viel Zeit gelassen. Und die Juenger sind so in ihrem Kampf mit den Wellen und dem Wind und in ihrer Hoffnungslosigkeit gefangen, dass sie nichts Gutes mehr erwarten, sondern Jesus fuer ein Gespenst halten. Erst als Jesus sie anspricht: "Habt Vertrauen! Ich bin es." Da fassen Sie wieder Vertrauen. Petrus ist der erste, der Jesus vertraut und sogar das Boot verlaesst, als Jesus ihn ruft. Aber sein Glaube ist immer noch sehr schwach. Als er auf die hohen Wellen sieht und nicht mehr auf Jesus, da bricht sein Glaube zusammen und er versinkt. Aber Jesus packt ihn und zieht ihn heraus aus dem Wasser. Das erste Anliegen Jesu ist es, dass wir ihm in jeder Situation vertrauen, wie schlimm und hoffnungslos sie auch sein mag. Auch wenn unser Glaube zusammenbricht, Jesus wird uns packen und herausreiszen aus der toedlichen Gefahr. Selbst wenn wir eines Tages sterben muessen, wird er uns retten. Schon mancher Schwerkranke hat die Hand Jesu gespuert in der Hand eines lieben Verwandten oder Freundes und hat wieder neuen Lebensmut gefunden. Das zweite Anliegen wird im Verhalten des Petrus deutlich: Als er an Jesus glaubt, verlaesst er das sichere Boot. Das Boot ist nicht unwichtig; aber letzlich kann das Boot ihn nicht retten. Es ist Jesus, der uns rettet. Wir Menschen klammern uns an viele Dinge, die uns vermeintlich retten: Der eine klammert sich an Familienangehoerige, der andere an Fachleute und Wissenschaftler, an den Staat und Versicherungen, und an die Aerzte. Im Religioesen klammern sich manche an die reine Lehre und an die heilige Liturgie oder an den Papst und die Bischoefe. Alles das ist nicht unwichtig; aber alles das wird Gott uns irgendwann wegnehmen und dann kommt es darauf an, an Jesus zu glauben, der allein uns retten kann. Ein erwachsener Glaube zeigt sich gerade daran, dass er nicht krampfhaft an irdischen und menschlichen Dingen festhaelt, moegen sie zeitweilig auch sehr hilfreich gewesen sein, sondern immer wieder wie Petrus den Schritt in ein neues Leben wagt im Vertrauen auf Jesus, im Vertrauen auf seine Liebe und Hilfe. Amen. dalkmann@sdf-eu.org 07.08.2011