Leserbrief zu idea 29, S.14: Protestanten widersprechen: Wir sind Kirche und S. 15: Ist die "roemische" Sicht verstaendlich? Offensichtlich lieben viele Christen ihr Bekenntnis mehr, als die eine Kirche und ihren Herrn. Warum versucht niemand eine vermittelnde Position im Streit um die Wahrheit einzunehmen? Der evangelisch-katholische Streit geht unter anderem um die Fragen: Was ist heilsnotwendig fuer den Menschen und was nicht? Oder anders formuliert: Was ist die minimale Form von Christsein, die noch rettet, und was ist die Vollform von Christsein, wie Jesus sie gewollt hat? Oder in Bezug auf die Kirche: Was ist die Minimalform von Kirche, die noch zum Leib Christi gehoert, und was ist die Vollform von Kirche, wie Jesus sie gewollt hat? Oder noch anders gefragt: Was sind die unerlaesslichen minimalen Wesenselemente der Kirche, die heilsnotwendig sind fuer den einzelnen Christen (Evangelium, Taufe, Herrenmahl), und was sind die darueberhinausgehenden Wesenselemente der Kirche, die fuer die Kirche existenznotwendig sind, auf die aber in Teilen der Kirche verzichtet werden kann, da sie nicht heilsnotwendig sind? Und genau da gibt es Unterschiede zwischen der katholischen Kirche und den vielen evangelischen Kirchen und evangelischen Glaubensgemeinschaften. Die katholische Kirche ist keineswegs ueberheblich, wenn sie die durch Handauflegung und Gebet zum Heiligen Geist von drei Bischoefen gespendete sakramentale Bischofsweihe eines Nachfolgers als existenznotwendig fuer die Kirche ansieht. Nur so kann ein Bischof mit vollem Recht behaupten, dass seine Sendung und geistliche Vollmacht von Jesus und den Aposteln herstammt. Diese sakramentale Bischofsweihe ist allerdings nicht heilsnotwendig fuer den einzelnen Christen und somit gibt es auch dort Kirche, wo es dieses apostolische Bischofsamt nicht gibt. Wo dieses apostolische Bischofsamt fehlt, kommt es jedoch fortwaehrend zu neuen Lehrstreitigkeiten, die keine verbindliche Loesung finden und zu neuen Kirchenspaltungen und Sektenbildungen fuehren, weil eine verbindliche apostolische Lehrautoritaet fehlt. Daher halten im Gegensatz zu den deutschen evangelischen Kirchen die anglikanische Kirche und die nordeuropaeischen evangelischen Kirchen bis heute an ihrem sakramentalen apostolischen Bischofsamt fest, so wie sie es in der Reformationszeit von der katholischen Kirche uebernommen haben, weil sie es fuer existenznotwendig fuer ihre Kirchen halten. Selbst Luther wollte das sakramentale Bischofsamt nicht abschaffen. Er fragte den Bischof von Koeln, Hermann von Wied II., der nach Einfuehrung der Reformation in Koeln vom Papst abgesetzt worden war, ob er nicht seine angehenden evangelischen Pastoren sakramental ordinieren koenne. Der lehnte aber ab und so ordinierten Luther und seine Mitstreiter selbst ihre neuen Pastoren. Bischoefe ordinierten sie nicht, da sie ja selbst keine Bischoefe waren. Luther sah seine nichtskramentale Ordination aber immer als eine Handlung in einer Notsituation der Kirche an und nicht als den Normalfall von Kirche. Warum heute manche Kirchenfuehrer die aus einer Notsituation der Kirche herruehrende nichtsakramentale Ordination von Pastoren und die erst viel spaeter eingefuehrte synodale Wahl von Bischoefen ohne sakramentale Ordination zum Normalfall erklaeren und glauben, ihre Kirchen seien Kirchen im Vollsinn, das ist mir ein Raetsel. Mit welchem Recht koennen sie die katholische Kirche angreifen, wenn diese auf existenznotwendigen, aber nicht heilsnotwendigen Wesenselementen der Kirche beharrt, die selbst manche reformatorischen Schwesterkirchen nicht abschaffen wollen? Pfarrer Dr. med. Bernhard Dalkmann Baerensteinstr. 36 12685 Berlin dalkmann@sdf-eu.org 18.07.2007