(SZ) Jeden Winter das gleiche traurige Schauspiel: In irgendeiner backsteinernen deutschen Fußgängerzone steht ein zerzaustes Pony. Meist führt ein minderjähriger Wollmützenträger es am Bande. Seitlich peitscht der Wind in die Einkaufsstraße, der Tierführer rappelt mit einer Sammelbüchse. Das Pony trägt ein Sandwich-Schild, auf dem steht "Zirkustiere haben Hunger!" oder so. Was diverse Kleinzirkusse hier machen, nennt man, in größerem Maßstabe betrieben, "Fundraising". Das gesammelte Geld kommt nicht immer den bemitleidenswerten Zirkus-Tieren zu Gute; dafür gibt es ebenfalls Parallelen in der Welt der so genannten "Groß-Charities". Dass Tierhaltung einiges kostet, besonders die artgerechte, daran besteht indes kein Zweifel. Wer seinen Primaten ein Affenhaus mit echtem Grasboden und reichlich Auslauf bieten will, wer Pinguinhäuser kühlen und tonnenweise Frischfutter für Seelöwen und Mandrills, Perlhühner und Nacktmulle herankarren muss, der hat nun mal Auslagen. Kein Wunder, dass es da auch für seriöse Einrichtungen wie den Münchner Tierpark Hellabrunn finanziell schon mal eng wird. Kein Fühlender wird dessen Leitung daher verdammen, wenn sie, wie jetzt geschehen, die Dienste der Unternehmensberatung McKinsey in Anspruch nimmt, um den Zoo fit zu machen fürs dritte Jahrtausend. Zeitgemäße Sparmaßnahmen setzen zuvörderst beim menschlichen Stammpersonal an, das ist eins der "sieben S" des McKinsey-Modells zur effizienten Unternehmens-Organisation. Doch was, wenn der Wärterbestand schon auf das absolut Notwendige eingedampft ist? Dann kann man bei den Tieren weitermachen, die zugleich Selbstverständnis, Strategie und Struktur (noch drei McKinsey-S) eines Zoos bestimmen. Es wäre allerdings erst einmal zu klären, ob man die Viecher eher dem Produkt- oder dem Personalbereich zuschlagen muss. Sind sie Produkt, gäbe es die Möglichkeit einer doppelten Wertschöpfung. So könnten die regelmäßig durch den Park spazierenden Pinguine winters Kinderschlitten ziehen und die Elefanten im Umland Waldarbeit verrichten. Nach wie vor interessant auch der Vorschlag Karl Valentins, die Ausscheidungen von Pelikanen in Tuben zu füllen und als "PelikanolKlebstoff" zu verkaufen. Als Personal eingestuft, müssten sich einige Tiere allerdings auf Outsourcing gefasst machen. So könnte man einen Pony-Hof durchaus als Außenstelle des Zoos deklarieren und die Einnahmen für Füttern, Streicheln, Reiten mit dessen privatem Betreiber teilen. Die zoo-eigenen Ponies aber würden freigesetzt. Niemand sollte sich also demnächst wundern, wenn er ein zerzaustes Pony in der Fußgängerzone sieht, ohne Tierführer, aber mit Sandwich-Schild, auf dem steht: "Ex-Zootiere suchen Outplacement-Berater."