(SZ) Wie man zur inneren Einkehr durch Bigram-Schwitz-Joga findet ("Spül die negativen Energien raus"). Wie man Stammeln und Erbleichen beim Anblick des Vorgesetzten durch den Anschein von Kompetenz und Sicherheit ersetzt ("234 Tipps für den Erfolg im Büro"). Wie man seinen Sittichen beibringt, sich nach Farben geordnet auf die Stange zu setzen ("Gefiederte Freunde verstehen"). Wie man in 100 Tagen reich wird ("Ihr Weg zum Geld"): Nichts schätzt der Deutsche mehr als den Ratgeber. Freilich nimmt er dessen Empfehlungen gern in gedruckter Form entgegen - was den Vorteil bietet, dass sich der Schaden, wenn die Sittiche nicht hören und der Reichtum ausbleibt, auf 8,90 Euro Kaufpreis beschränkt. Lebende Berater sind nämlich eine sehr teure Sache, derentwegen sich so respektable Einrichtungen wie das Ministerium für Verteidigung bittere Fragen anhören müssen: Was treiben die Kerle da eigentlich für so viel Geld? So berechtigt die Frage erscheinen mag: Lebenskundige werden einwenden, dass die schlechtesten Ratgeber andere sind, nämlich die Frauen. Dies belegt der Fall des Marcus Antonius, der den Einflüsterungen der betörenden Cleopatra erlag und nach der Macht in Rom griff, was natürlich misslang. Der falsch Beratene aber, berichtet der Chronist, "vergaß Ehre und Pflicht, die Tapferen, die für ihn kämpften, den gellenden Hohn seiner Feinde und folgte der Spur des Weibes, dessen Truggestalt ihn in diesen letzten Abgrund der Selbstvernichtung zog". Damals gab es aber schon professionelle Berater, die mit ein paar Worten ins kaiserliche Ohr das Schicksal großer Reiche entschieden. Man verabreichte ihnen andererseits Peitschenhiebe und Schierlingsbecher, wenn ihr Rat für teuer, aber nicht gut genug befunden wurde. Das sind Risiken, über die der moderne Berater erhaben ist. Befindet sich der Gold-Guru auf dem Holzweg, kann er die Anleger immer noch belehren, wie sie von ihren Schulden herunterkommen. Er selbst wird bestimmt keine haben, da seine Honorare eine Höhe erreichen, die in gewissem Kontrast zu dem Rat steht, den er zu geben pflegt: "Sparen und feuern". Es soll Unternehmensberater geben, die nur diese drei Worte beherrschten und damit steinreich geworden sind. Durch all die Jahrtausende hat die Zunft bezahlter Berater das Geheimnis ihres Erfolgs gehütet. Nehmen wir das Jahr 1634, als sich die Einflüsterer des Kaisers Ferdinand gegen den Feldherrn Wallenstein aussprachen. Modern gesprochen: Sie verfassten ein Paper, worin ein Abbaupotenzial definiert wurde, nämlich der Kopf Wallensteins. Bald lag der Söldnerführer erstochen, und die Heere der Feinde zogen siegreich durchs Land. Schlecht für das Land, aber gut für die Berater: Sie hatten wieder einmal erreicht, dass die Folgen ihres Tuns gleich neuen Beratungsbedarf weckten.