(SZ)Manche halten das Guinness-Buch der Rekorde für einen Rekord sui generis, nämlich für das bei weitem dümmste Buch der Welt. Man kann das so nicht unbedingt sagen, weil der Spiegel, in dem die rekordsüchtige Verrücktheit sich betrachtet, deswegen nicht auch verrückt sein muss. Andererseits entstehen die meisten Rekorde ausschließlich um dieses Buches willen, und insofern ist das Buch selbst schon eine ziemliche Dummbeutelei. Wie dem auch sei, die Welt hat ihren Spaß daran, und in der Tat ist es ganz vergnüglich, sich so ein Sammelsurium zweckfreier Höchstleistungen vor Augen zu führen: etwa dass der Rekord für ununterbrochenes Klatschen bei 58 Stunden und 9 Minuten liegt, dass der Goldfisch Tish 43 Jahre alt wurde (und mit silbrigen Schuppen starb) oder dass eine der sinnlosesten Erfindungen in Japan gemacht wurde - Staubtücher für Katzenpfoten, damit die Katze beim Laufen Staub wischt. Deutschland spielt in diesem schrägen Genre keine Führungsrolle, hält aber wacker mit, zum Beispiel mit der weltweit größten Bierflaschensammlung in Geesthacht: 11931 Stück, und alle original abgefüllt! Der jüngste Knaller wird aus dem Holiday Park im pfälzischen Haßloch gemeldet. Dort stellte der Amerikaner Richard Rodriguez zwei neue Weltrekorde im Achterbahnfahren auf, wobei er die Geräte ständig wechselte: Tagsüber fuhr er in der Expedition GeForce und nachts in der Looping Bahn Superwirbel. Wie oft bei solchen Expeditionen sind die Aspekte am Rande das Interessanteste. Hier erwies es sich, dass Rodriguez die 49 Tage respektive Nächte zwar nicht schlaf-, wohl aber traumlos verbrachte und dass er jetzt im Schlaflabor der Uniklinik Mannheim die Träume der sieben Wochen nachträumt. Wahrscheinlich bringt ihm das einen zusätzlichen Titel ein, und es sollte uns nicht wundern, wenn er nach der ewigen Fahrerei vom Pfahlsitzen im Heidepark Soltau träumt. Ferner wurde für Rodriguez aus einer Bootstoilette ein eigenes Klo entwickelt, das sogar im Superwirbel zuverlässig arbeitete und nun zugunsten der Unesco für 893 Euro versteigert wurde. "Dies Leben kömmt mir vor als eine Rennebahn", sagt Gryphius, und in ähnlicher Gesinnung wollen wir uns fragen, ob wir von dem Rekord fürs Leben lernen können. Dass es mal rauf geht, mal runter? Geschenkt! Das wissen wir vom Oktoberfest, wo die Achterbahn ein härterer Lehrmeister ist als in Haßloch, weil man kein Klo mitbekommt. Will man so etwas wie eine Lehre ziehen, dann vielleicht die, dass sich in dem Ereignis das transatlantische Verhältnis getreulich widerspiegelt: Die Amerikaner machen den Job, die Deutschen stellen Gerät und sonstige Hilfen zur Verfügung. In Haßloch waren das zum einen GeForce und Superwirbel, zum anderen die Überflugrechte für Richard Rodriguez.