(SZ) Kinder entstehen aus den verschiedensten Gründen, die sich unter zwei Hauptrubriken summieren lassen: Liebe und Unvernunft. Letztere ist alles in allem wohl die wirkmächtigste Motivation für jene Aktivitäten, die zur Zeugung eines Kindes führen können. Auch Liebe ist ja eigentlich eine Unterabteilung der Unvernunft, was nur die nicht glauben, die verliebt sind. Bevor sich nun alle überzeugten Mütter, Väter und Kinder erregen, sei noch zugestanden, dass ein Kind, wenn es einmal auf der Welt ist, durchaus ein Quell größter Freude sein kann. Das aber ändert nichts daran, dass der Akt seiner Herstellung eine triebhafte Handlung ist, die dem Mann, ganz generell gesehen, kurzfristiges Vergnügen bereitet, während die Nachwuchs ersehnende Frau länger etwas davon hat. So viel zum Sex. Und jetzt zum Stromausfall. Stromausfall ist noch schlimmer als Liebe. Der CD-Spieler schweigt, der Kühlschrank setzt aus, der Aufzug bleibt stecken, die mit Monstern erfüllte Dunkelheit umhüllt einen. Wenn man verliebt ist, verliert man nur temporär den Verstand; hat man aber keinen Strom mehr, kommt das Leben insgesamt zum Stillstand. Nun gibt es Menschen, die behaupten, ein längerer Stromausfall führe stets zu einer Erhöhung der Geburtenrate. Dies ist sehr sonderbar, denn wer das glaubt, kann weder etwas vom Sex noch von der Elektrizität verstehen. Ganz kurz zu den Fakten: Keine Geburtenstatistik dieser Welt, auch nicht die von New York, belegt den Zusammenhang von Stromausfall und Schnackseln. Zwar hält sich die Geschichte hartnäckig, aber sie ist eindeutig eine jener, von den Amerikanern so genannten urban legends, was sich am besten mit "modernes Märchen" übersetzen lässt. In den USA gibt es ausführliche Forschungen darüber, dass das Märchen von den blackout babies auf den großen New Yorker Stromausfall von 1965 zurückzuführen ist. Damals spekulierten Journalisten (wer sonst?), dass den Menschen im Dunkeln nichts anderes mehr einfiele als Kinder zu zeugen. Bewiesen wurde es nie, aber seitdem gilt es ("ich hab' irgendwo gelesen...") als Tatsache. Die beste Antwort darauf hat der Demograph Richard Udry gegeben, der im Übrigen auch das Märchen von den Dunkelheitskindern durch fleißige Überprüfung der Geburtsstatistiken widerlegt hat. "Ich hab' keine Ahnung", sagte Udry, "warum die erste menschliche Reaktion auf eine kleine Katastrophe wie einen Blackout oder einen Schneesturm Sex sein soll." Recht hat er, der Mann, denn wäre es so, müsste zum Beispiel in Deutschland seit dem Amtsantritt der Regierung Schröder, zweifelsohne eine permanente kleine Katastrophe, die Geburtenrate erheblich gestiegen sein. Wie schon gesagt, für Sex gibt es viele sonderbare Gründe, aber die Dunkelheit oder der Bundeskanzler gehören nicht dazu.