(SZ) Heute wollen wir - plapper, plapper - die Geschichte erzählen, wie Walt Disney einmal nach Kärnten gekommen ist. Es muss gegen Ende des Ersten Weltkriegs gewesen sein, als er ohnehin in der Nähe war, in Frankreich als freiwilliger Rotkreuzfahrer. In seiner Biografie steht, dass er seinen Kameraden immer ein wenig merkwürdig vorgekommen sei, denn in seinem Wagen hätten sich Notizzettel mit Karikaturen gestapelt. Walter Elias Disney zeichnete damals das mumpsrunde Gesicht von Harry Hamster und die haarige Nase von Ralf Ratte, aber es gefiel ihm alles nicht. Bald war sein Wagen voller zusammengeknüllter Papierbällchen, und soweit sich das rekonstruieren lässt, ist er, Inspiration suchend, durch die Gegend gebraust. Vor der Kärntner Pfarrkirche Malta, im Bezirk Spittal an der Drau, soff dann der Motor ab, und wenn der Motor im Wagen eines Comiczeichners absäuft, klingt das ungefähr so: Krach, bumm, röchel. Disney also stieg aus, schimpfte sehr, und wenn ein Comiczeichner schimpft, schweben Totenköpfe und gelbe Blitze um seinen Kopf herum. Er lehnte sich an die Außenmauer der Pfarrkirche und begann zu weinen, viele Stunden, bis seine Tränen - es waren zersetzende Tränen der Verzweiflung - den Verputz porös werden und abblättern ließen: Da trat auf der Kirchenwand ein Fresko hervor. Und Disney sah sein Lebenswerk. Er sah große Ohren und eine spitze Nase. Er sah eine Maus, die Maus aller Mäuse. Er sah dann bald nichts mehr, nur noch das Dollarzeichen vor Augen. Schnell verputzte er die Wand, bedeckte notdürftig diese Maus mit Lehm. Die Kirchturmglocke läutete - dingel, dangel, dongel - den neuen Tag heran, und Disney beschloss, das Geheimnis der Geburt von Micky Maus mit niemandem zu teilen. Jetzt sind die Restauratoren gekommen, haben kratzend und schabend das gesamte Fresko des Heiligen Christophorus an der Pfarrkirche Malta freigelegt und nachgerechnet, dass es um 1300 entstanden ist. "Dem Heiligen Christophorus wurden oft Fabelwesen beigestellt", sagt Eduard Mahlknecht, der Konservator der Diözese Gurk-Klagenfurt. Mahlknecht ist ein freundlicher Mann, er sagt, man könne Micky Maus auf dem Fresko nicht eindeutig identifizieren, sie gleiche doch sehr einem Biber oder Wiesel. Er will Walt Disney schützen, vor den Vorwürfen, ein Plagiator zu sein. Aber wir haben die Bilder gesehen. Das ist kein Wiesel, das ist Micky Maus! Sie ähnelt der Comicfigur wie ein bestechendes Phantombild einem Verbrecher. Wir wissen jetzt, dass Micky Österreicher ist, ein 700 Jahre alter Österreicher. Und wir vermuten, dass es die größten Heiligtümer irgendwo schon mal gegeben hat, die allergrößten sogar: Wahrscheinlich findet sich Sepp Herbergers Taktikschema vom Endspiel '54 in den Höhlenmalereien von Lascaux und Altamira.